Volksstimme Interview zur aktuellen Situation

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Schöner könnte das Winterwetter kaum sein, dennoch gestaltet sich die aktuelle Situation für den Skiverband Sachsen-Anhalt schwierig.
Von Ingolf Geßler

Volksstimme-Redakteur Ingolf Geßler unterhielt sich mit dem Präsidenten Dr. Rüdiger Ganske und Sportkoordinator Thomas Hedderich über aktuelle Themen.

Die Junioren-WM Nordisch in Lahti und Voukatti 2021 hat am Montag begonnen. Im Vorjahr fand diese in Oberwiesenthal statt und der SVSA war ziemlich erfolgreich, sind auch diesmal Aktive des SVSA in Lahti dabei?

Thomas Hedderich: Wir sind selbstverständlich froh und stolz, dass sich Jessica Löschke vom TSV Leuna und Josephin Laue SFV Rothenburg qualifiziert haben und durch den DSV nominiert wurden. Beide haben einen außerordentlich schwierigen Saisonverlauf hinter sich. Nach schweren Verletzungen zu Beginn der Saison waren Regeneration und behutsamer Leistungsaufbau erfolgreich. Jessica startete mit einer guten Platzierung beim Weltcup in Dresden, Josi gewann im Januar den Deutschlandpokal. Der Hasselfelder Max Kermer konnte seine langwierige Verletzung noch nicht kompensieren und verpasste die Qualifikation. Alina Rippin vom NSV Wernigerode startet mit hervorragenden Leistungen in den Saison, hatte aber wie alle anderen in dem Altersbereich noch keine Winterwettkämpfe und ist auch noch zu jung für die Junioren-WM.

Wie ist der SVSA bisher mit der Corona-Krise und den damit verbundenen Einschränkungen für den Sport umgegangen?

Dr. Rüdiger Ganske: Wir haben grundsätzlich als Verband auf die Einhaltung der Hygieneregeln eingewirkt. Gleichermaßen waren wir bemüht, in Abstimmung mit den Kommunen auf die Besonderheit unserer Sportarten hinzuweisen und Möglichkeiten für individuelles Training auszuloten.

Corona und Individualsport in einem schneereichen Winter – wie habt ihr die Entwicklung der Nutzung der Harzer Loipen begleitet?

Dr. Rüdiger Ganske: Nach Jahren mit wenig Schnee haben wir nun in der Pandemiesituation beste Wintersportbedingungen – und dies nicht nur in den Höhenlagen des Harzes. Gemeinsam mit dem Niedersächsischen Skiverband haben wir auf die Entscheidungsträger eingewirkt, die sowohl für die Einhaltung der Hygieneregeln, insbesondere in sogenannten touristischen Hotspots, als auch für das Präparieren der Loipen auch als gesundheitsorientiertes Angebot in dieser für den einen oder anderen auch psychisch schwierigen Zeit zuständig sind. Wir haben daran mitgewirkt und sind deshalb froh, dass die Stadt Wernigerode gemeinsam mit dem Nationalpark Lösungen gefunden hat, um sowohl den Skater und Wanderer auf den gewalzten Wegen als auch den klassischen Skiläufer mit gespurter Loipe vom Parkhaus über den Toten Weg bis zur Großen Winterberg­loipe zufrieden zu stellen.

Das Jubiläum „125 Jahre Harzer Skisport“ sollte am 19. Februar 2021 feierlich gewürdigt werden. Wie ist hier der Stand?

Dr. Rüdiger Ganske: Wir, das heißt der Skiclub St. Andreasberg, die Skiverbände Niedersachsen und Sachsen-Anhalt, mussten diese große Festveranstaltung auf dem Brocken leider absagen. Vorgesehen war unter anderem das feierliche Anbringen einer Erinnerungstafel in Foyer des Brockenhotels, das gemeinsame Bergliedersingen, angestimmt durch die Sängergruppe des SK Wernigerode und des SC Schierke, und ein Festvortrag des international anerkannten Skihistorikers Dr. Gerd Falkner zur Harzer Skigeschichte. Wir werden uns vermutlich am 19. Februar in ganz kleinem Kreis auf dem Brocken treffen und die Tafel anbringen. Vorgesehen nach einer entschärften Pandemie-Situation sind Sommerfeste am Sonnenberg und am Schierker Loipenhaus.

125 Jahre Harzer Skikultur lassen auch einen Blick auf die aktuellen Entwicklungen in Schierke hinsichtlich der Entwicklungen am Winterberg zu. Es scheint, als ob man sich mit dem Stillstand abfindet?

Dr. Rüdiger Ganske: Die Harzer Skigeschichte ist unter anderem eine vielfältige Geschichte der Harzer Skikultur mit herausragenden sportlichen Leistungen auch in internationalen Rahmen, einem vielfältigen Vereinsleben oder dem Entstehen einer umfangreichen Sportstättenlandschaft. Selbstverständlich ist dieses Jubiläum auch für den SVSA Anlass, um auf die unsägliche Wintersportentwicklung um Schierke aufmerksam zu machen. Bei allem Verständnis für das schwierige Genehmigungsverfahren für das Winterbergprojekt ist das alternativlose Auslöschen traditionsreicher Harzer Wintersportanlagen wie das Eckerloch- oder Winterberggebiet durch die Festsetzung des Nationalparks 1990 ohne Ersatzangebote weiterhin nicht zu akzeptieren. Der Bau einer Sportloipe im Bereich des Parkhauses (Volksstimme 19.09.2020) oder ein origineller Transport zum Erreichen des Loipenhauses am Grünen Band wären gute Ansätze.

Der SVSA hat in letzter Zeit immer wieder den Finger hinsichtlich notwendiger Anpassungen des Skisportes an den Klimawandel erhoben. Jetzt ersticken wir – bildlich gesprochen – im Schnee. Wie seht ihr die Entwicklung?

Dr. Rüdiger Ganske: Der Klimawandel mit seinen Auswirkungen auf den Schneesport bleibt trotz des diesjährigen schneereichen Winters unbestritten. Wir haben in Gremien des DSV immer wieder darauf aufmerksam gemacht, dieses Thema vor allem für den Nachwuchsbereich strukturierter zu betrachten. Inzwischen gibt es konzeptionelle Ansätze unter anderem durch den Vizepräsidenten des DSV, Tobias Angerer, in der Fläche Skideutschlands Zentren zu schaffen, die beschneit sind und die angefahren werden können. In diesem Zusammenhang ist Snowfarming, das heißt das mehrjährige Aufbewahren von Schnee, auch für uns beispielsweise im Bereich des Wurmberges interessant. Darüber hinaus intensivieren wir gemeinsam mit dem DSV das Projekt „textiler Schnee“ von Mr. Snow. Hier gibt es bei uns bereits ein Vorzeigeprojekt im TSV Leuna, dem Heimatverein von Jessica Löschke. Zur Sommerleistungskontrolle 2019 in Blankenburg hat bereits Peter Schlickenrieder, Bundestrainer Skilanglauf, diesen Ansatz für gut befunden.

Die perspektivischen Leistungsziele für den SVSA insgesamt und für die Athleten bleiben trotz Corona bestehen. Wie geht Ihr mit diesen Anforderungen um?

Thomas Hedderich: Natürlich haben wir auch mit Problemen zu kämpfen. Unser regionales Wettkampfsystem mit Wettkämpfen der „Tour de Harz“, Landesmeisterschaften im Skisprung oder Langlauf können nicht stattfinden, eingeschränktes organisiertes Training erschwert dessen Qualitätssicherung aber auch Mitgliederbindung, Schul-AGs sind ausgesetzt, was die Nachwuchsgewinnung erschwert.

Auch auf nationaler und internationaler Ebene finden kaum Wettkämpfe statt, die Highlights der Saison für junge Sportler fehlen. Neben Motivation ergeben sich Probleme bei der Kadernominierung. Wir versuchen dem zu begegnen, in dem wir mit virtuellen Formaten Herausforderungen schaffen. Auf Initiative unseres Spitzenverbandes haben wir mit der DSV-Challenge dafür eine bundesweite Plattform entwickelt, und der Aufwand lohnt sich. Trotz des fehlenden Flairs einer echten Veranstaltung ist die Resonanz wirklich gut, die Mehrheit nimmt das Angebot an, die Eigeninitiative vieler Eltern und die gelebte Fairness aller Sportler sind lobenswert. Zusätzlich sind die Projekte des IAT hinsichtlich Technikbewertung im Skispringen und Langlauf, durch wissenschaftliche Auswertung mittels eigens entwickelter Software und Personaleinsatz, hochwertige Angebote für unsere Nachwuchsathleten.

Das Projekt „Erststartrecht des SVSA“ ist inzwischen etabliert. Wie sieht hier für Euch die Zukunft aus?

Thomas Hedderich: Wir sind stolz auf die Ergebnisse des Projektes. Inzwischen nehmen es 13 Aktive wahr. Wir haben Kooperationsvereinbarungen mit den Landesskiverbänden Sachsen, Thüringen und Niedersachsen abgeschlossen.Das Projekt hat sich bei uns im Verband und darüber hinaus als stabil etabliert. Wir werden am Ende der Saison den erreichten Stand evaluieren.

Wie ist der Stand bei Euch hinsichtlich der Sportstättenentwicklung?

Thomas Hedderich: Engagierte Skifreunde im WSV Benneck­enstein kümmern sich aktuell um die für den Skisprungnachwuchs wichtige Schanze. Gemeinsam zwischen Stadtverwaltung Wernigerode und dem SK Wernigerode wurde der Förderantrag für die unbedingt notwendige Aufstiegshilfe an der Zwölfmorgentalschanze gestellt. Hier beteiligt sich unter anderem der Deutsche Skiverband an der Bereitstellung der Eigenmittel. Für eine ganzjährig nutzbare Sportloipe im Bereich des Parkhaus Schierke, Nähe Rennschlittenbahn, liegt ein Konzept verbunden mit hohem Bedarf vor. Parallel entwickeln sich einige Projekte in unseren Vereinen in ganz Sachsen-Anhalt.

Wie fällt Euer Resümee insgesamt aus?

Dr. Rüdiger Ganske: In den kürzlich stattgefundenen Strukturgesprächen mit Landesportbund, DSV und DOSB wurde aufgrund der Ergebnisse bekräftigt, dass unser Ziel, Fördersportart im LSB zu werden, aufgrund der Ergebnisse realistisch ist. Mit dem Ziel einer leistungsfähigen Basis für Veranstaltungen und Infrastruktur. Wir arbeiten zurzeit an konzeptionellen Grundlagen für eine stärkere Verzahnung von Breitensport und Nachwuchsleistungssport. Über erste Ergebnisse können wir im nächsten Interview berichten.

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